Wieso behandeln Osteopathen bei Rückenschmerzen oft den Bauch? Was hat meine Atmung mit der Wirbelsäule zu tun? Und warum hat man oft auch Rückenschmerzen bei Durchfall?
Viele Menschen stellen sich diese oder ähnliche Fragen, wenn sie zum ersten Mal zum Osteopathen gehen.
In diesem Beitrag möchte ich gerne auf einige dieser Fragen eingehen.
Der menschliche Körper ist sehr komplex aufgebaut und sehr viele Strukturen sind miteinander verbunden und haben Wechselwirkungen aufeinander.
Ein einfaches Beispiel: Jeder Muskel hat einen Ursprung und einen Ansatz, also einen Anfang und ein Ende. Damit der Muskel also beispielsweise mein Knie beugen kann, muss der Muskel oberhalb meiner Kniekehle beginnen und unterhalb der Kniekehle fest gemacht sein. Zieht sich der Muskel nun bei Anspannung zusammen, beugt sich das Knie.
Das Zusammenspiel dieser Muskeln ist für die Funktion sehr wichtig. Möchte ich mein Knie beugen, müssen die Muskeln, die diese Bewegung ausführen, anspannen und gleichzeitig die Muskeln auf der Gegenseite (in diesem Fall die Kniestrecker) gezielt locker lassen, sonst kommt keine Bewegung zustande.
Somit können bei lokalen Verletzungen Dysfunktionen und Schmerzen entstehen. Unser Körper besteht aber aus so viel mehr als Muskeln und Gelenken. Gehen wir also zur Frage von vorhin: Was hat der Bauch mit dem Rücken zu tun?
Die meisten Bauchorgane liegen im sogenannten Peritoneum, dem Bauchfell. Dieses Bauchfell ist wie eine Art Sack, der die Organe an Ort und Stelle hält und im Körper verankert. Stell dir vor, du würdest Trampolin springen und alle Organe in diesem Sack im Bauch würden mit nach oben fliegen nur um daraufhin wieder hart im Becken zu landen - keine allzu angenehme Vorstellung, oder?
Und genau das ist der Punkt: Die Organe in dem großen Sack müssen irgendwo fixiert werden, damit genau das nicht passiert. Der Dünndarm ist beispielsweise mit dicken Bändern (Faszie von Toldt und Faszie von Treitz) am Peritoneum und dem Zwerchfell fixiert. Außerdem wird der Dünndarm über das sogenannte Mesenterium nerval, lymphatisch, arteriell und venös versorgt. Dieses Mesenterium ist wiederum über der sogenannten Radix mesenterii, auf Deutsch die Wurzel des Gekröses an der Lendenwirbelsäule verankert. Nun wird auch klar, weshalb es bei Darmproblemen über die Verankerung zu Schmerzen und Spannungen in der Lendenwirbelsäule kommen kann.
Außerdem hat das Bauchfell (Peritoneum) ebenfalls einen engen Bezug zur Wirbelsäule und kann somit bei Entzündungen und Restriktionen in den Rücken ausstrahlen.
Und wieso wirkt sich nun meine Atmung auf den Rücken aus? Das Zwerchfell (auch Diaphragma genannt) ist streng genommen ein Muskel, der sich bei Einatmung anspannt und dadurch nach unten absenkt und bei Ausatmung entspannt und wieder hebt. Damit es das kann, braucht es einen Ursprung und einen Ansatz - wie du bereits oben am Beispiel der Kniebeugung gelernt hast. Und nun rate mal, wo das Zwerchfell angewachsen ist. Ganz genau: an der Wirbelsäule (genauer gesagt an den Wirbelkörpern der Lendenwirbelsäule), an den Rippen und am Brustbein.
Nun wird dir vermutlich auch klar, warum beispielsweise der Dünndarm und seine gute Beweglichkeit im Bauchraum eine wichtige Rolle spielt, genauso, wie ein gut funktionierendes Zwerchfell.
Es gibt allerdings noch etwas zu beachten: Jedes Organ wird durch Nerven versorgt. Diese Nerven sorgen dafür, dass das Organ seine jeweiligen Aufgaben erfüllen kann und steuern die Organe. All diese Nerven kommen aus dem Rückenmark, welches im Wirbelkanal in der Wirbelsäule verläuft. Stell es dir wie Schnüre vor, die von einem dicken Seil Fasern zum jeweiligen Organ und wieder zurück haben. Was passiert jetzt, wenn du an einer Faser ziehst?
Wenn du fest genug ziehst, zieht sich die Spannung weiter bis in dein dickes Seil, deinem Rückenmark in der Wirbelsäule. Auch das ist eine Möglichkeit, wie es zur Rückenschmerzen kommen kann, die aber ursprünglich von einem Organ ausgelöst werden. Natürlich kann es auch anders herum sein: Der Nerv schickt dann "falsche" Signale, beispielsweise bei Bandscheibenvorfällen oder Entzündungen an den Wirbelgelenken, die dazu führen, dass das Organ in seiner Funktion gestört wird.
Fassen wir also zusammen:
Der Körper ist sehr komplex aufgebaut und die einzelnen Systeme (Organe, Muskeln, Gelenk etc.) wirken sich aufeinander aus.
Der Dünndarm ist mit der "Wurzel" und verschiedene Bänder mit dem Zwerchfell und der Wirbelsäule verbunden. Weist eine dieser Strukturen eine Störung auf, kann dies Auswirkungen auf einander haben.
Das Nervensystem spielt für die Entstehung von Rückenschmerzen ebenfalls eine wichtige Rolle: die sogenannten Spinalnerven, die nicht nur Muskeln und Hautareale versorgen, versorgen auch Organe. Durch diese Verbindung können sich Organstörungen und Einschränkungen der Organfunktion auch auf Rückenleiden auswirken und anders herum.
Ich hoffe dir hat der Beitrag "Rückenschmerz durch den Darm" gefallen und du konntest etwas Neues lernen! Solltest du Fragen haben, melde dich gerne bei PHEOS München!
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